Die Debatte um die Einbringung des Haushalts 2016 war geprägt von vielen Spardiskussionen. Aus Sicht der Grünen oftmals ohne ausreichendes Konzept und einer dringend notwendigen Strukturdiskussion. Unsere Sicht ist die, dass nicht wahllos Strukturen angegriffen werden nach dem Motto erst mal Kosten senken und anschließend mal sehen was passiert. Die Diskussion um die Alte Post ist ebenfalls ein Sinnbild für diese Art von Politik. Denn sind Strukturen – wie die präventive Jugendarbeit der Alten Post – erst einmal abgeschafft, sind diese wohl kaum wieder aufzubauen. Ein weiterer Grund der zur Ablehnung des Haushalts aus grüner Sicht geführt hat,ist die im Haushalt enthaltene Maxime Asphalt vor Klimaschutz. Den mangelnden Klimaschutz machen wir natürlich auch an der Oelder Verweigerungshaltung gegenüber neuen Windkrafträdern fest. Ohne diese wird es jedoch schwerlich möglich sein, die gesteckten Klimaschutzziele der Stadt auch nur annähernd umzusetzen. Den exakten Wortlaut der Rede von Barbara Köß lesen Sie hier:
„Sehr geehrter Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,
Auf geht’s in eine weitere Zeit der Ungewissheit. Das ist zumindest die Sicht und Einschätzung von Bündnis 90 / Die Grünen mit Blick auf die seit 2014 laufende Debatte zum Haushalt der Stadt. Den gewünschten „großen Wurf“ hat es bislang nicht gegeben und die Debatten sind allesamt im klein/klein mit erheblicher Verwirrung der Bevölkerung verlaufen. Das strukturelle Defizit in Millionenhöhe hat sich dadurch leider nicht verzogen, sondern ist durch zusätzliche Aufgaben weiter angewachsen, auch wenn die positiven Einmaleffekte, welche der Bürgermeister in seiner Rede beschrieben hat, die Situation weniger dramatisch erscheinen lassen und das Defizit unter die 5 %-Schwelle drücken. Der Sparaktionismus der vergangenen 2 Jahre hat uns jedenfalls auf keinen zukunftsfähigen Weg gebracht. Die Diskussion um die Alte Post und um die Radstation hat viele Oelder bewegt und machte zudem schnell deutlich, dass in den Reihen vieler Ratskolleginnen und -kollegen immer noch Aktionismus vor sachlicher Abwägung steht. Wie schon im Vorjahr beim Thema Schließung der Musikschule haben sie lieber erst einmal den Hammer herausgeholt und voreilig „notwendige Sparmaßnahmen“ gefordert, um dann anschließend kleinlaut zu einer von den Bürgern gewünschten Lösung zurückzukehren.
Bündnis 90 / Die Grünen wurde seitens CDU und SPD vorgeworfen, sich nicht genügend in derartige Kürzungsdebatten eingebracht zu haben. Da müssen wir sagen: Stimmt! Die Grünen haben eine andere Herangehensweise angestrebt, welche darauf setzt, zunächst die strategische Ausrichtung der Stadt zu definieren, um sie zukunftssicher zu machen.
Schon im vergangenen Jahr hatten wir das Bild der Abwärtsspirale bemüht, um zu signalisieren, was mit unserer Stadt passiert, wenn wir nicht gezielt gegensteuern, sondern gewachsene Strukturen zerstören, die künftig nicht wiederherzustellen sind.
Beispiel: Ist eine Alte Post erst mal abgeschafft, wird sie wohl kaum wieder ihre Aktivitäten hinsichtlich präventiver Jugendarbeit aufnehmen.
Auch das Kindermuseum kann hier als gutes Beispiel herhalten:
Der Nutzen des Kindermuseums für unsere Oelder Bildungslandschaft ist nicht hoch genug einzuschätzen. Die komplette Schließung war eine der glorreichen FWG-Ideen in 2015 – zum Glück nicht mehrheitsfähig. Aber auch CDU, SPD und FDP sollte klar sein, dass sie nicht vordergründig JA zum Kindermuseum sagen, jedoch auf der anderen Seite dem Park durch eine nochmalige Kürzung des Zuschusses um 100.000 € in 2017 die Daumenschrauben ansetzen und damit einem gut funktionierenden Kindermuseum die Luft abdrehen können. Das Kindermuseum stellt für Bündnis 90/ Die Grünen im Verbund mit dem Freibad und den qualitativen Angeboten des Parks eine Einheit dar. Für uns sind die aktuellen Kürzungen des Forums von über 100 T€ bereits die Grenze. Bei weiteren Kürzungen sind die festgeschriebenen Aufgaben und Standards, die eine hohe Akzeptanz bei unseren Bürgerinnen und Bürgern haben, nicht mehr zu gewährleisten.
Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, bleiben es den Bürgerinnen und Bürgern schuldig darzustellen, wie und wo Sie Park und FORUM demontieren wollen und welche Auswirkungen das auf unsere Stadt haben wird. An dieser Stelle erneuern wir gerne noch einmal unser Bekenntnis zum Konzept Forum, Park und Freibad. Unser Ansatz ist es, im Sinne der sozialen Teilhabe, hier einer noch breiteren Bevölkerungsschicht inklusive der zukünftig hier lebenden Flüchtlinge einen Zugang zu den vorhandenen Angeboten zu ermöglichen.
Der Bürgermeister hat bei seiner Haushaltseinbringung gesagt, dass die Umsetzung der Klimaschutzziele unser politisches Handeln bestimmt. Die Umsetzung der Maßnahmen „Energetische Sanierung TMG“ und auch des „Energiekonzeptes Hallenbad“, sowie die gezielten Aktivitäten der Klimaschutzbeauftragten gehen zwar in die richtige Richtung, dennoch fehlt die politische Unterstützung. Aus politischer Sicht bleibt der Klimaschutz in Oelde halbherzig! Wenn wir die gemeinsam gesetzten Klimaziele erreichen wollen, sind weitaus stärkere Anstrengungen nötig, als es die Ansätze im vorliegenden Haushalt hergeben.
Es ist aus unserer Sicht schwer erträglich, dass die Nachbarkommunen Beckum und Rheda-Wiedenbrück sich mit ihren Windkraftprojekten hinsichtlich Klimaschutz und damit auch finanzieller Unabhängigkeit schnell weiterentwickeln, während Oelde beim Thema Windkraft in der Erstarrung verharrt. Warum verpasst sich die Oelder Politik hier einen Maulkorb und erklärt die Windkraft zum Tabu? Oelde zahlt jährlich rund 100 T€ für das Finanzierungsdefizit der Aurea GmbH. Lassen Sie uns über mögliche Windräder an der Aurea sprechen! Auch die Verweigerung des Ausbaus der Photovoltaik auf städtischen Flächen spricht Bände.
Stattdessen steht die Förderung von Asphalt und Versiegelung von Flächen im Haushaltsentwurf. Wir sprechen uns klar gegen den 400 T€ schweren Ausbau des Weitkampweges, den Neubau der Verbindung Vellerner Kreisel – zur L792 und der Ausweisung überdimensionierter Wohnbaugebiete aus. Die Lehren aus dem Hochwasser 2015 sind angesichts dieser Maßnahmen offenbar noch nicht gezogen. Die Stärke des Hochwassers hat uns deutlich vor Augen geführt, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausgereicht haben und mehr Hochwasserschutz dringend erforderlich ist, und zwar nicht nur an den Oberläufen der Gewässer. Ihnen allen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollte klar sein, dass Flächenversiegelung in jedem Fall kontraproduktiv ist! Mit jedem weiteren Hochwasser und den daraus resultierenden Schäden werden die Folgen von Flächenversiegelung auf den Bürger abgewälzt. Das darf nicht sein!
Die zukünftige Gestaltung der Innenstadt sollte aus unserer Sicht unbedingt weiterverfolgt werden, und zwar mit dem Werkzeug des „Masterplans Innenstadt“. Dieser steht für den Beginn eines Prozesses, und ist ein sehr gutes Beispiel einer strategischen Ausrichtung mit Transparenz und Bürgerbeteiligung. Nicht alle dort enthaltenen Maßnahmen werden umgesetzt, geschweige denn von Bündnis 90 / Die Grünen mitgetragen – wie z.B. der Bau von Parkplätzen. Für uns steht hier an oberster Stelle der Agenda die Nachnutzung des bald ehemaligen Feuerwehrgeländes. Einem Verkauf dieses Tafelsilbers, wie es aus den Reihen der CDU anklingt, werden wir nicht zustimmen.
Nichts bewegt uns Deutsche derzeit mehr als die Flüchtlingssituation. Sehr erfreulich ist die immer noch gute Grundstimmung in Oelde den Flüchtlingen gegenüber. Das ehrenamtliche Engagement vieler Oelder ist beispielhaft. Um die Integration von Flüchtlingen meistern zu können, werden wir in den Bereichen Familie/Soziales, Jugend und Bildung auch zukünftig keine Kürzungen hinnehmen, welche Strukturen gefährden. Vielmehr müssen verstärkt Mittel bereitgestellt werden. Auch werden wir unseren Antrag auf Einrichtung eines Runden Tisches „Flüchtlingshilfe“ erneut stellen, da wir dieses für ein sehr effektives Instrument halten, das Ehrenamt in diesem wichtigen Bereich zu stärken.
Ein zentrales Element auf der Einnahmeseite unseres städtischen Haushaltes sind die Gewerbesteuern und die Grundsteuern. Die Grundsteuern sind bereits im letzten Jahr angehoben worden und auf einem aus unserer Sicht angemessenem Niveau. Eine Anhebung des Gewerbesteuersatzes konnten wir angesichts des jetzt möglichen kalkulierten Gesamtergebnisses vermeiden. Unser gemeinsamer Handlungsschwerpunkt muss zukünftig noch mehr in der Erhaltung der Attraktivität unserer Stadt für unsere Bürgerinnen und Bürger liegen. Das sichert nicht nur die Erhaltung der o.g. Steuereinnahmen, sondern auch z.B. unseren Anteil an der Einkommenssteuer (der mit ca. 13,6 Mio. € nicht unerheblich ist).
Meine Damen und Herren, unser Ziel, weitgehende Kürzungen in den Bereichen Jugend, Bildung und Soziales zu verhindern, haben wir bereits bei der Ablehnung der Haushaltssperre deutlich gemacht und in die Beratungen eingebracht. Wir finden diese weitgehend auch in diesem Haushalt wieder.
Allerdings fragen wir natürlich, warum Sie in der letzten Finanzausschuss-Sitzung doch wieder im Jugendbereich Einschnitte vorgenommen haben. Z.B. wird sich die Streichung offener Jugendarbeit in Stromberg, wie Sie es durch Ihren Beschluss festgeschrieben haben, angesichts steigender Integrationsbedarfe negativ auswirken.
Ebenfalls vollkommen unverständlich ist die Streichung von 2 Stellen beim Baubetriebshof. Als Konsequenz dieser Streichung werden nunmehr Fremdleistungen eingekauft werden müssen, die schlussendlich teurer und unflexibler sind. Flexible Einsatzkapazitäten des Baubetriebshofes z.B. bei Notlagen (Hochwasser? Schneefälle? Sturm?) werden durch die Stellenkürzung dezimiert und tarifliche Beschäftigung unter Umständen an Subunternehmen mit prekären Arbeitsbedingungen abgegeben.
Auch Ihre Forderung nach einem überhöhten Abbau von geleisteten Überstunden wird zur Folge haben, dass die Verwaltung (wie von Ihnen vorgeschlagen) tageweise schließen muss. Das kann nicht zielführend sein.
Dies sind, neben den oben genannten, nur einige zusätzliche Punkte, die auf die Unausgewogenheit des vorliegenden Haushaltsplanentwurfs hinweisen.
In der Gesamtbetrachtung des Haushaltes werden Bündnis 90 / Die Grünen diesem deshalb nicht zustimmen.“