Sehr geehrter Bürgermeister
Sehr geehrte Damen und Herren,
Alles wieder gut!
Nach den Jahren des großen und ungebremsten Sparens sehen die Finanzen der Stadt Oelde wieder solide aus. Die gesamtwirtschaftlichen Indikatoren schlagen für 2018 eine positive Ausrichtung ein. Keine Diskussion um weitere Stellenkürzungen oder Schließungen kommunaler Einrichtungen in Sicht. Erstmalig seit Einführung des NKF hat die Stadt Oelde einen deutlichen Planüberschuss für das kommende Haushaltsjahr ausgewiesen. Die Tonlage in den aktuellen Anträgen und auch im vorliegenden Haushaltsentwurf des Bürgermeisters hat sich gewandelt: Heute können wir wieder den Ruf nach Steuersenkungen vernehmen und man hat auch kein Problem damit, Baugebiete mit hohen Zusatzkosten durchzupeitschen.
Wirklich alles gut? Für Bündnis 90/ Die Grünen hat sich im Grundsatz allerdings nicht viel verändert: Wie wir schon seit Jahren in diesem Gremium deutlich zum Ausdruck bringen und versuchen umzusetzen, müssen sämtliche Entscheidungen dem Nachhaltigkeitsgrundsatz folgen. Tun sie das nicht, eiern wir – je nach wirtschaftlicher Lage – vom „Sparaktionismus“ in den „Spendiermodus“, ohne dabei die langfristig wirkenden Prozesse zu steuern. Worum es uns hierbei geht, möchte ich Ihnen kurz an einzelnen Themen darstellen:
Die Welt um uns befindet sich derzeit in einem starken Wandel. Das digitale Zeitalter ist bereits Realität. Amazon z.B. ist nicht nur mehr der anonyme Online-Buchhändler, sondern rückt als „Global player“ ganz konkret in unseren Oelder Wirkungsbereich. Das ist nur einer der Faktoren, welche die Welt in Oelde komplexer werden lassen und sie auch stärker verändern werden als in den vergangenen Jahren. Diese neuen Rahmenbedingungen verlangen nachhaltige Lösungen, welche auch die kommenden 10 Jahre überstehen werden (und welche für uns einen großen Teil generationengerechter Haushaltsgestaltung ausmachen). Bildungs- und Mobilitätskonzepte, die den Anforderungen einer sich stark wandelnden Kommune gerecht werden, gekoppelt mit einem sozial ausgerichteten und modernem – und ja – unbedingt auch einem klimaneutralen Wohnraumkonzept.
Das Thema „zukunftsfähiges Wohnraumkonzept“ zu bearbeiten, wird immer dringlicher. Natürlich auch getrieben durch Zuwanderung und die zu erwartende Amazon Ansiedlung. Hier geht es aber nicht darum, der Nachfrage nach Baugrundstücken mit Aktionismus zu begegnen, sondern vielmehr darum eine Betrachtung aller Facetten. Wie wollen wir Oelde hier aufstellen und entwickeln? Wie bekommen wir das Thema Flächenverbrauch langfristig und intelligent in den Griff? Wie gehen wir mit den Herausforderungen des Klimawandels um?Diese Fragen verlangen nach einem integriertem Gesamtkonzept, in welchem alle Facetten ausgeleuchtet werden müssen, inklusive dem Umgang mit konfliktreichen Altimmobilien. Intelligente Antworten sind hier gefragt, die dem demographischen Wandel, dem erhöhten Wohnbedarf im sozialen Sektor und den veränderten Wohnbedürfnissen gerecht werden. Den aktuellen Haushaltsansatz zu diesem Thema unterstützen wir ausdrücklich. Politik und Verwaltung müssen hier zwingend in den pro-aktiven Modus übergehen. Bei Ihrer Streichung des Antrages „Jung kauft Alt“ ist dieser leider nicht gesehen worden als der, der er ist – nämlich als ein wichtiger Baustein im Gefüge einer Neuausrichtung. Wir werden uns allerdings dafür einsetzen, dass in der neuen Wohnraumstudie vergleichbare Lösungen entwickelt werden.
Die Situation an den Oelder Schulen, insbesondere der Gesamtschule und des TMG muss mit Priorität verbessert und die beschlossenen Maßnahmen zügig und vor allem transparent umgesetzt werden. Der erhöhte Raumbedarf am TMG zeigt, wie schnelllebig und wandelbar schulische Strukturen sind. Politische Entscheidungen – wie die bevorstehende Rolle rückwärts zum G9 – tragen natürlich zur Verschärfung der Situation bei. Bündnis 90/Die Grünen werden diesen erneuerten Wandel im System mit vorwärtstreiben und dafür sorgen, dass wir als Schulträger hier zügig vorankommen.
Inhaltlich, aber auch räumlich optimal aufgestellte Einrichtungen wie die Volkshochschule, die Stadtbücherei und auch das Kindermuseum sind ein starkes Signal, welches Oelde als Bildungsstandort hervorhebt. Leider mussten wir erfahren, dass die im Haushaltsansatz enthaltenen Mittel für Erweiterung bzw. Umzug erst in 2019 verwendet werden sollen. Ein Hauptgrund dafür liegt in der offensichtlich zu hohen Arbeitsbelastung der Verwaltung. Wir kommen hier nochmals auf den Eingangs erwähnten Spar Aktionismus zurück: Die seinerzeit von der CDU forcierten Stellenstreichungen in der Verwaltung wirken sich halt langfristig – insbesondere im Baubereich – aus.
Der Bau einer neuen Mehrfachsporthalle ist aus unserer Sicht ein weiterer notwendiger Baustein im städtischen und schulischen Gesamtkonzept, der dringend zügig umgesetzt werden muss. Wir werden den Standort in der Nähe zur Gesamtschule unterstützen. Das derartige Projekte hinsichtlich Energieeffizienz ein Top level erreichen müssen und auch die Ertüchtigung zur Installation von Solartechnik beinhalten sollten, ist für Bündnis 90 / Die Grünen obligatorisch. Beim Bau der Rettungswache ist diese Ausrichtung ja leider dem damaligen Sparzwang zum Opfer gefallen. Aus unserer Sicht nicht nachhaltig gedacht und ein großer Fehler.
Womit wir beim Thema Klimaschutz in Oelde wären: Mit großer Freude sehen wir den Beschluss zur Fortführung der Stelle der Klimaschutzmanagerin. Ein wichtiger Baustein für die Umsetzung unserer Oelder Klimaschutzziele, da hier viele Projekte effektiv angestoßen und begleitet werden. Natürlich freuen wir uns auch über die 100%ige Zustimmung im Ausschuss für Umwelt und Energie, zur Mittelfreigabe für die Erstellung des Klimaschutz Teilkonzeptes Mobilität. Hier sollte die Basis entstehen für eine neuausgerichtete Mobilität hinsichtlich gleichberechtigter Verkehre. Ähnlich wie die Digitalisierung unsere Welt verändert, wird auch die zukünftige Mobilität eine vollkommen neue Ausrichtung haben. Diese Veränderungen können nur auf kommunaler Ebene initial umgesetzt werden. Allerdings werden wir einfordern, dass entwickelte Konzepte und Willensbekundungen aus diesem Haus keine bloßen Lippenbekenntnisse bleiben.
Denn trotz aller bisherigen Anstrengungen ist festzuhalten, dass wir noch meilenweit von der Erreichung unserer im Klimaschutzkonzept gesetzten Ziele – einer Reduzierung der CO² Emissionen um 17% bis 2020 – entfernt sind.Nicht gut!An dieser Stelle freuen wir uns natürlich sehr über die CDU, die durch ihre aktuellen Anträge unsere alten – seinerzeit allesamt von der CDU abgelehnten – Anträge wieder auf die Agenda gebracht haben. Liebe CDU: Wir stimmen diesen Anträgen zum Klimaschutz zu. Wir hoffen, dass Sie diesen Weg auch konsequent weiter gehen. Mal sehen ob dieser Sinneswandel auch bei neuen Projekten noch Bestand hat. Beim Stichwort neue Parkplatzanlage in Sünninghausen sehen wir hier leider schon wieder ein Abweichen vom Weg: Verkehrsplanung ist nur dann klimafreundlich, wenn sie nicht dazu führt, dass zusätzlicher Individualverkehr entsteht. Hier sollten andere Lösungen greifen.
In diesem Zusammenhang sei auch das Hochwasser-Risikomanagement genannt: Die Erstellung eines dreidimensionalen Katasters für das komplette Stadtgebiet ist eine wichtige Grundlage, um die Folgen des Klimawandels einzuordnen und Maßnahmen abzuleiten. Die CDU hat dies wegen eventueller Individualinteressen abgelehnt – so wie sie dies bereits im letzten Jahr getan hat. Das ist aus unserer Sicht nicht nur im Sinne von Nachhaltigkeit höchst inkonsequent, sondern widerspricht zumindest unserer Vorstellung von Arbeit für das Gemeinwohl und dem Schutz der BürgerInnen im Rahmen unserer Mandatsausübung. Glücklicherweise haben sich hier andere Mehrheiten gefunden, die diesen unentbehrlichen Baustein ermöglichen.
Relativ unspektakulär verläuft das Thema Flüchtlinge in Oelde. Die hervorragende Arbeit der vielen Ehrenamtlichen wirkt sich äußerst positiv auf die Gesamtlage aus. Die Integration derer, die jetzt hier bei uns in Oelde eine neue Existenz aufbauen möchten ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der wir auf vielen Ebenen begegnen müssen. Das genannte Wohnraumkonzept und auch die schulischen und außerschulischen Einrichtungen müssen verstärkt auf die neuen Bedarfe ausgerichtet werden. Wie der Bürgermeister in seiner Haushaltsrede bereits erwähnt hat: Hier sind höhere Zuwendungen des Landes und des Bundes zwingend notwendig.
Ein positiv anzumerkender Punkt ist das Thema Masterplan Innenstadt. Die im Haushaltsentwurf des Bürgermeisters enthaltenen Mittel sind unseres Erachtens ein erster Schritt in die richtige Richtung. Den langfristigen Mehrwert werden die Oelder BürgerInnen zu schätzen wissen. Dazu gehört auch das klare Bekenntnis zum Forum Oelde als weiterem Baustein eines attraktiven Lebensraumes. Wir wünschen dem neuen Management hier eine glückliche Hand und viele neue Ideen, die von einer breiten Öffentlichkeit getragen werden.
Bezüglich der Grundsteuern folgen wir dem Ansatz des Haushaltsentwurfes des Bürgermeisters. Dennoch bleibt anzumerken, dass uns in diesem Punkt Kontinuität und Verlässlichkeit wichtig ist. Schwankungen der Hebesätze je nach Kassenlage sind kein guter Ratgeber.
Abschließend möchten wir die Verwaltung nochmals darauf hinweisen, dass sie der Politik die von uns im Rahmen der Etatberatungen erbetene Auflistung aller Hoch- und Tiefbaumaßnahmen nach Prioritäten und Zeitrahmen in Kürze zur Verfügung stellt. Ausgehend von den Erfahrung im letzten Jahr benötigen wir diese zur Herstellung der Transparenz und damit für unsere Aufgabe der politischen Steuerung sowie für weitere Entscheidungen in 2018.
Um auf meine Ausgangsfrage zurück zu kommen: Nein – es ist nicht alles gut! Aber insgesamt zeigt der Haushaltsentwurf aus unserer Sicht – auch unter dem Einmaleffekt der guten Einnahmesituation – in einigen Punkten mehr Licht als Schatten. Bündnis 90 / Die Grünen stimmen deshalb dem aktuellen Entwurf zu.
Vielen Dank