Die Fraktionsvorsitzende Barbara Köß fasste die grünen Positionen wie folgt zusammen:
„Sehr geehrter Bürgermeister,
Sehr geehrte Damen und Herren,
Die Tinte unter dem Koalitionsvertrag der möglichen schwarz-roten Bundesregierung ist noch nicht ganz trocken, da drängen sich zwei essentielle Fragen auf:
1. Wie sollen die vielen Versprechen bezahlt werden?
2. Was passiert gerade mit der Energiewende?
Beides lässt sich sinnbildlich auch auf unsere Situation in Oelde übertragen. Auch wir müssen, bedingt durch hohe Mehrbelastungen – sprich neue Feuer- und Rettungswache – in einem schwierigen Umfeld Entscheidungen treffen, die die Stadt zukunftsfähig machen und den Erwartungen der Bürger und Bürgerinnen gerecht werden sollen. In wie weit uns das schwarz-rote Konzept der Bundesebene wieder vor die kommunalen Füße fällt, in Form höherer Steuern und Abgaben, bleibt abzuwarten.
Das Thema Klimaschutz und Energiewende scheint in Berlin an Bedeutung zu verlieren. Das sehen wir äußerst kritisch und hoffen, dass es doch noch gelingt negative Auswirkungen abzuwenden.
Der uns heute vorliegende städtische Haushalt ist zum wiederholten Male nicht ausgeglichen und weist ein Defizit von 3,3 Millionen € aus. Auch wenn der Schwellenwert von 5% für das strukturelle Defizit in diesem Jahr nicht überschritten wird, so ist die Basis unserer Entscheidungen ein recht fragiles Finanzgebilde.
Positiv sind die makroökonomischen Parameter für das kommende Jahr: Die Forschungsinstitute sehen ein robustes Wachstum im Euroraum inklusive Deutschland. Das dürfte zumindest die Einnahmeseite bei der Gewerbesteuer positiv beeinflussen. Dieses haben wir im vergangenen Jahr noch negativ eingeschätzt.
Für Bündnis 90 / Die Grünen stehen die nachfolgen Betrachtungen – wie von uns zu erwarten – unter dem besonderen Aspekt der Nachhaltigkeit. Uns beschäftigt darüber hinaus auch der Weg, wie wir Oelde im genannten schwierigen finanziellen Umfeld ein Gesicht geben können, mit welchem wir zeigen können: Wir bieten ein zukunftsorientiertes Umfeld mit einer gut funktionierenden Infrastruktur.
Bündnis 90 / Die Grünen haben dem Neubau des Feuer- und Rettungswache selbstverständlich zugestimmt. Die daraus resultierenden Belastungen für den städtischen Haushalt von rund 10,5 Millionen € sind signifikant und schränken unseren Entscheidungsspielraum ein. Dennoch ist die Errichtung einer funktionierende Feuer- und Rettungswache inklusive entsprechender technischer Ausrüstung für uns unstrittig. Die Kostenseite der verschiedenen Varianten und Details dieses Investitionsschwerpunktes werden wir weiterhin kritisch begleiten.
Als Synonym für Nachhaltigkeit und somit für Zukunftsfähigkeit steht der Klimaschutz. Das Oelder Klimaschutzkonzept ist verabschiedet und die Stelle des Klimaschutzmanagers im Stellenplan vorgesehen. Für uns einer der herausragenden Punkte des vergangenen Jahres. Ein wirklicher Meilenstein, der uns ein multifunktionales Werkzeug in die Hand gibt! Die Klimaschutzmanagerin kann bei der Erreichung der Klimaschutzziele eine entscheidende Rolle spielen und soll das Netzwerk zwischen Verwaltung, Bürgerschaft und Wirtschaft spinnen und festigen. Klimaschutz muss sich als Querschnittsaufgabe zukünftig wie ein roter Faden durch unser Handeln in allen betreffenden Bereichen ziehen: Energieversorgung, Verkehrsplanung, Gebäudemanagement, Veranstaltungen, Beschaffungswesen und vieles mehr.
Der Schutz unseres Klimas nützt allen und ist ökonomisch wie ökologisch von hohem Nutzen! Daran gibt es wohl keinen Zweifel. Bündnis 90 / Die Grünen werden sich bei diesem Thema mit besonderem Engagement einbringen. Das globale Ziel der im Klimaschutzkonzept vorgeschlagenen Variante 2 mit einer Reduzierung des CO2 Ausstoßes um 17% bis 2020 ist nur mit besonderer Anstrengung aller zu erreichen. Wir möchten an dieser Stelle nochmals betonen, dass wir mit der Einrichtung eines Klimaschutzmanagements als Halbtagsstelle eben auch nur zu 50% zufrieden sind. Diese Mammutaufgabe erfordert 100% Leistung und eine hoch motivierte Persönlichkeit mit visionärer Kraft. Wir wünschen uns, dass der Rat der Stadt Oelde diese Aufgabe auch zu seiner macht und Klimaschutz sich nicht zur leeren Worthülse entwickelt.
Die Weitsicht einer Kommune lässt sich auch durch eine intelligente Einbringung von Zukunftsmodellen insbesondere in der Verkehrspolitik erkennen. Wir müssen die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur grundsätzlich auf den Prüfstand stellen! Es geht darum, möglichst viel umweltfreundliche Mobilität für alle Menschen zu möglichst geringen Kosten zu schaffen. Dazu zählt unter anderem auch eine Neubewertung des volkswirtschaftlichen Nutzens. Das heißt, zu prüfen, ob nicht 10 kleine Maßnahmen die Mobilität in unserer Stadt mehr verbessern als ein Kreisverkehr an der Letter Straße oder gar eine Konzepterstellung für eine Überführung der Bahnlinie. Nahezu sämtliche Szenarien für neue Mobilität in Innenstädten weisen den Weg zu weniger Automobilität in den Innenstädten. Oelde verhält sich in diesem Punkt leider absolut konträr zum heutigen Stand zukunftsweisender Verkehrsplanung. Der stetige Wunsch nach Parkplatz- und Straßenbau ist Ausdruck dieser längst überholten Sichtweise. Hier möchten Bündnis 90 / Die Grünen neue Wege gehen.
Aus diesem Grunde lehnen wir die im Haushalt aufgeführten Maßnahmen Kreisverkehr am Landhagen sowie den überdimensionierten Ausbau des Landhagens und des Weitkamps als nicht zukunftsweisende Investition ab. Auch der komplette Neubau der Querspange zur Aurea, den wir finanziell mittragen müssen, soll hier nicht unerwähnt bleiben.
Der Masterplan Innenstadt ist auf den Weg gebracht. An dieser Stelle lassen sich Ziele neuer Mobilität und eines attraktiven Stadtbildes für alle Bürger und Bürgerinnen kombinieren. Das schließt selbstverständlich Menschen mit Behinderungen ein, die sich schon lange für ein barrierefreies Oelde engagieren. Für uns ist es wichtig, ein zukunftsorientiertes Gesamtbild der Innenstadt zu entwickeln, welches den Funktionen „Einkaufen, Wohnen, Arbeiten und Freizeit“ gerecht wird. Die vielen dort genannten Maßnahmen einzeln zu diskutieren kann nur zum Ziel führen, wenn man sich auf eine gemeinsame Marschrichtung verständigt. Die starke Bürgerbeteiligung am Prozess ist besonders hervorzuheben. Das übergeordnete Ziel, die Innenstadt erheblich zu attraktiveren, kann gelingen. Forderungen, z.B. den Hermann- Johenning – Platz oder die Paulsburg mit neuen Parkplätzen auszustatten, sind hier genauso wenig wegweisend wie ein Rückbau der Langen Straße in einen „verkehrsberuhigten Bereich“. Andere Ideen aus dem Masterplan, wie Einrichtung eines Leseraums oder Gartenwettbewerb im Frühjahr auf dem Hermann-Johenning-Platz zu veranstalten, fügen sich erheblich besser in das Gesamtkonzept ein.
Und bevor es an die Nachnutzung des Feuerwehrgeländes geht, muss die Politik u. E. eine klare Aussage zum sozialen Wohnungsbau machen. Wir sind der Meinung, dass bei Wohnbebauung auf wertvollen, innenstadtnahen Flächen die Bedarfe aller Bürger einbezogen werden sollten.
Kurz anmerken möchte ich unsere Unterstützung des Forum Oelde in der vorliegenden Form. Das Thema „Vier-Jahreszeiten Park“ ist ebenfalls breit diskutiert worden. Eine Rückstellung von 10 T€ für eine mögliche Befragung lehnen wir ab, da die Bürger und Bürgerinnen sich durch den Kauf der Parkkarte permanent in großer Zahl für den Park entscheiden. Wir teilen hier die Einschätzung des Bürgermeisters, dass es keine wirtschaftlich vertretbare Alternative zu Inhalt und Strukturen der heutigen Parksituation gibt.
Auf den Weg gebracht ist auch das Sportstättenkonzept für die Ortsteile. Es liegt nun an den Verantwortlichen der Vereine, die bestmögliche Entscheidung für den jeweiligen Ortsteil zu treffen. Kunstrasen sind aus grüner Sicht nicht nachhaltig, da die Vereine nach relativ kurzer Zeit wieder vor der schwierigen Situation einer gewaltigen Neuinvestition stehen. Hybridrasenplätze sind aus fachlicher Sicht eine nachhaltigere Alternative aufgrund wesentlich höherer Lebensdauer und geringerer Unterhaltungskosten.
Das Sportstättenkonzept ist ein wichtiger Meilenstein in Punkto Ortsteilentwicklung. Die Fortführung des Dorfentwicklungskonzeptes ist jedoch für die Mehrheit der Bewohner essentiell. Das gilt für alle Ortsteile. Ein besonders erfolgreicher Schritt ist in Stromberg gelungen: Die „Stromberger Pflaume“ ist als zehnte nordrhein-westfälische Spezialität in das EU-Register für regionale Spezialitäten eingetragen worden. Die Pflaume erhielt den Schutz als Produkt „geografischen Ursprungs“. Dieses Prädikat unterstützt die Dorfentwicklung in besonderem Maße! In jedem Ortsteil gibt dieses „besondere etwas“, welches es herauszustellen und zu promoten gilt.
Bündnis 90 / Die Grünen werden diesen Prozess weiter unterstützen.
Meine Damen und Herren: Die Oelder Schullandschaft hat ihren größten Wandel seit Jahrzehnten vollzogen. Die Gesamtschule hat mit 170 Schülern ihren Betrieb aufgenommen. Dass die Umsetzung schlussendlich extrem reibungsfrei abgelaufen ist – nach den anfänglichen schwierigen Diskussionen um den richtigen Weg- ist einer konstruktiven Zusammenarbeit zwischen Politik, Verwaltung als Schulträger, Bürger/Innen und nicht zuletzt den beteiligten Schulen zu verdanken. Das Fass einer „Riesenmensa“ wieder aufzumachen und dies gegen die Konzepte der Schulgemeinden, ist in unseren Augen schädlich für die weitere Schulentwicklung in Oelde.
Positiv sehen wir auch die Synergie zwischen der Von-Ketteler-Schule und der Norbertschule. Dadurch ist vorläufig der Erhalt des Grundschulstandortes Lette gesichert. Der Ausbau der U3 Betreuung ist auf den Weg gebracht worden und muss konsequent weiterentwickelt werden. Das gilt gleichlautend auch für die gesamte Jugendhilfe. In diesem Zusammenhang sehen wir den Sperrvermerk für das Projekt FIT (Frühkindliches Integrations Training) als unnötig und kontraproduktiv.
Die Unterstützung von Pro Arbeit und der Oelder Tafel ist zunächst durch mehrjährige Verträge gesichert. Für die Unterstützung der Oelder Tafel hätten die Grünen sich eine durchaus längere Vertragslaufzeit bis 2017 vorstellen können.
Bedingt durch die Krisen und Konflikte in Ländern wie Syrien oder Irak, sind wir in der Verpflichtung Flüchtlingen adäquate Hilfe zukommen zu lassen. In diesem Fall signalisieren wir bereits heute Zustimmung dazu, dass eventuelle Mehrkosten für Unterbringung und Verpflegung auch in einem „auf Kante genähten“ Haushalt gestemmt werden müssen.
Nochmals zurück zum Thema Zukunftsfähigkeit unserer Stadt: Die Einnahmeseite wird heute im Wesentlichen bestimmt durch das Gewerbesteueraufkommen. An den Hebesätzen lässt sich nun mal aus wettbewerbsgründen nur marginal etwas ändern. Als Möglichkeit bleibt die aktive Beteiligung am heimischen Energiemarkt. Die Stadt Oelde hat durch den Erwerb weiterer RWE Anteile den richtigen Schritt getan, um hier künftigen Handlungsspielraum zu erlangen!
Die Energieversorgung Oelde ist nun zu 75% in städtischen Händen. Die Grünen hätten sich hier durchaus eine 100% Lösung vorstellen können. Insgesamt sind wir aber mit dieser jetzigen Lösung auf dem richtigen Weg. Es geht generell um die Frage, wie Oelde am existierenden Energiemarkt zukünftig verstärkt partizipieren kann, um die Wertschöpfung im eigenen Haus zu behalten. Hier besteht eine der ganz wenigen Möglichkeiten finanzielle Unabhängigkeit anzustreben.
Meine Damen und Herren:
Der vorliegende Haushalt beinhaltet wesentliche Züge grüner Forderungen und politischer Ausrichtungen. Nachhaltige Investitionen in den Klimaschutz und die Förderung zukunftsorientierter Strukturmaßnahmen findet unsere Unterstützung. Der vorliegende Haushalt ist prinzipiell ausgewogen und beinhaltet aus unserer Sicht – bis auf die enthaltenen Straßenbaumaßnahmen – keinen konkreten Ablehnungsgrund.
Bündnis 90 / Die Grünen stimmen dem Haushalt zu.
Vielen Dank“